Helden, Helden

 

Das Musical "Helden, Helden" basiert auf dem Theaterstück "Helden" (Orig.: "Arms and the Man") von George Bernard Shaw, welches Ende des 19. Jahrhunderts im Balkan spielt.

 

Bereits im Jahre 1967 berichtete Udo Jürgens in einem Interview, dass die kompositorische Arbeit zu dem Musical "Helden, Helden" nach mehr als anderthalb Jahren im Großen und Ganzen abgeschlossen sei, auch wenn noch kleine Änderungen und Einfügungen vorgenommen würden.
Damals nannte er als Wunschbesetzung für die Rolle des Bluntschli' Peter Alexander, an den er schon damit herangetreten sei und welcher sich auch interessiert gezeigt habe; letztendlich spielten jedoch Michael Heltau (Wien) und Paul Hubschmid (Hamburg) diese Rolle.

Nach Urheberrechtsproblemen mit dem "Shaw-Estate", einem Anwaltsbüro, welches das Erbe von George Bernard Shaw verwaltet, verzögerte sich die Uraufführung um etliche Jahre und erst nach dem Eingreifen von Rolf Kutschera, seines Zeichens Direktor des Theaters an der Wien, konnte das Projekt letztendlich realisiert werden.

Am 1. September 1972 begannen schließlich die Proben für das Musical und am 27. Oktober des gleichen Jahres konnte endlich die Premiere in Wien stattfinden.

 Am 23. Februar 1973 wurde "Helden, Helden" in Hamburg zum ersten Mal aufgeführt.

 

 

In dem Faltblatt "Theaterg'schichten", das dem österreichischen Programmheft damals beilag, wurde die Entstehung von "Helden, Helden" näher beleuchtet:

 

"Im Jahre 1968 legte die Edition Montana dem Theater an der Wien ein fertiges Libretto von Peter Goldbaum mit der Musik von Udo Jürgens und Liedertexten von Walter Brandin vor. Stoff: Bernard Shaws "Helden".
Direktor Rolf Kutschera war wohl von dieser Idee sehr angetan, jedoch die Tatsache, daß das vorgelegte Buch im Handlungsablauf zu sehr dem bekannten Film gleichen Namens angelehnt war, ließ befürchten, daß eine Realisierung auf der Bühne mit großen Schwierigkeiten verbunden wäre. Deshalb wurde das Projekt vorerst zurückgestellt.
Inzwischen war jedoch Peter Goldbaums Vertrag mit dem Shaw-Estate, der die Produktion des Stückes innerhalb eines gewissen Zeitraums forderte, abgelaufen, und das Theater an der Wien konnte die Rechte selbst erwerben unter der Voraussetzung, daß die Gesamtheit des Dialoges, der Lieder und des literarischen Materials, die dem Shaw'schen Original hinzugefügt wird, nicht mehr als ein Drittel der Stückdauer einnimmt.
Diese Bedingung erforderte, daß die neuen Bearbeiter sich wesentlich stärker an das Original zu halten hatten, was aber auch den Intentionen Rolf Kutscheras entsprach.
Nun schien der Weg frei zu sein für die Arbeit an diesem Musical. Doch neue Verzögerungen traten ein, als Udo Jürgens im September 1969 seine zehn Monate dauernde Tournee startete und die Arbeit an "Helden" für ihn in den Hintergrund treten mußte.
Die Vorbereitungen zu diesem Projekt ruhten jedoch nicht ganz. Verschiedenen Autoren wurde angeboten, Exposées zu schreiben, doch entsprach keines den Vorstellungen, die sich das Theater an der Wien von dem Musical gemacht hatte. Walter Brandin, der bereits einen Teil der Liedertexte geschrieben hatte, wurde mittlerweile mit unzähligen Aufträgen für Plattentexte, Musicalbearbeitungen etc. überhäuft, so daß er in gütlichem Einvernehmen sein Material als Grundlage für weitere Arbeiten dem Theater an der Wien zur Verfügung stellte, aus Zeitmangel aber nicht weiter mitarbeiten konnte.
Im Frühjahr 1971 fuhr Rolf Kutschera nach Zürich, um sich das Musical "Golden Girl" in einer schweizerdeutschen Bearbeitung anzusehen. In Anbetracht der Tatsache, daß "Bluntschli" ein Schweizer ist, kam ihm der Gedanke, den Autor der Bearbeitung, Hans Gmür, anzusprechen, ob er nicht interessiert wäre, das Buch zu "Helden, Helden" zu schreiben. Hans Gmür nahm das Angebot mit großer Freude an.
Für die Liedertexte verpflichteten wir den deutschen Satiriker Eckart Hachfeld. Bei der Arbeit zeigte sich, daß vom vorhandenen Material an Texten wie Musik nur Teile verwendet werden konnten. Eckart Hachfeld erwies sich als der richtige Mann, unter Verwendung der vorhandenen Liedertexte seine eigenen Beiträge zu schaffen.
Obwohl ursprünglich besprochen wurde, daß Gmür für das Buch und Hachfeld für die Texte verantwortlich zeichnen sollte, ergab es sich, daß auch Gmür Liedertexte schrieb, und zwar hauptsächlich jene, die mit der Figur des Schweizers "Bluntschli" zu tun haben.
In gemeinsamer Arbeit mit dem Komponisten, den Autoren, mit Rolf Kutschera als Regisseur, Todd Bolender als Choreographen und Johannes Fehring als musikalischen Leiter entstanden die großen Chor- und Ballettszenen, die ein wesentlicher Bestandteil eines Musicals sind. Neue Nummern wurden von Udo Jürgens, Johannes Fehring und Todd Bolender konzipiert und von Udo Jürgens komponiert.
Johannes Fehring zeichnete die Instrumentation vor und gab diese an die Arrangeure Andras Bagya, Budapest, und Karl Kowarik, Wien, weiter.
Die an den amerikanischen Musicals wie "Mann von La Mancha", "Anatevka" oder "Cabaret" gesammelten Erfahrungen kamen dieser Arbeit in großem Maße zugute; nämlich die Integration der einzelnen Ensembles in die Handlung. Größten- teils sind die musikalischen Nummern inhaltlich von Bernard Shaw übernommen, einzelne Textzeilen sogar wortgetreu. Zu berücksichtigen war auch, daß der geistige Inhalt, die Satire Shaws, im neuen Rahmen erhalten bleibe. Auf diese Weise wurde erreicht,  daß das Musical trotz der musikalischen Nummern die gleiche Spieldauer hat wie das Sprechstück.
Auch bei den Texten, die im Sprechstück "Helden" nicht enthalten sind, griff man auf Bernard Shaw zurück, wie im Falle von Nicolas Couplet auf "Wegweiser für die intelligente Frau zum Sozialismus und Kapitalismus".
Innerhalb seiner szenischen Bemerkungen gibt Shaw detaillierte Beschreibungen vom Schauplatz der Handlung. Diesen zu charakterisieren kam im Sprechstück in erster Linie der Dekoration und den Kostümen zu. Die Musik hat eine neue Möglichkeit geschaffen, die Absichten von Shaw zu intensivieren, deshalb nimmt die Folklore in den Kompositionen von Udo Jürgens einen breiten Raum ein.
Mit "Helden, Helden" wurde im Theater an der Wien zum ersten Mal der Versuch gemacht, die amerikanische Arbeits- weise auf dem Gebiete des Musicals zu übernehmen: Intensive Zusammenarbeit aller Mitarbeiter während des gesamten Entstehungsprozesses.
Die Entfernungen der Wohnorte sowie anderweitige termingebundene Verpflichtungen der Beteiligten erschwerten des öfteren eine Koordinierung der Arbeitsbesprechungen. So fanden die Arbeitssitzungen unter anderem in Wien, München, Zürich, Berlin und Kitzbühel statt. Hier wurde das inzwischen Erarbeitete besprochen, geprüft, geändert und neue Ideen entwickelt. Diese wurden erneut bearbeitet und beim nächsten Treffen vorgelegt.
Von großem Vorteil für das Autorenteam war es, daß bereits zu Arbeitsbeginn nicht nur sämtliche Hauptrollen, sondern auch der Bühnenbildner, Gerhard Hruby, und die Kostümbildnerin, Maxi Tschunko, feststanden. So konnte bei der Arbeit intensiv auf die Individualität der einzelnen Darsteller eingegangen werden. Dieser Umstand ermöglichte auch eine zeitgerechte Vorbereitung in den Schneiderwerkstätten des Theaters an der Wien; ebenso in den Dekorationswerkstätten, da die funktionelle Lösung des Bühnenbildes gleichfalls während des Entstehens des Musicals Berücksichtigung fand. So hat sich für die Arbeit einer Uraufführung die glückliche Lösung ergeben, daß mit dem ersten Probentag die Dekoration auf der Bühne stand.
In "Helden, Helden" kommt jede Spielform des musikalischen Unterhaltungstheaters zu Wort: Das Chanson, das große gesungene Lied, aber auch das Couplet. Das Autorenteam war sich dessen klar bewußt und es ist seine Absicht gewesen, ein Musical zu schreiben, das aus unserem musikalischen Empfinden und aus unserer Tradition kommt."

 

 

 

Auf einer Beilage der zugehörigen LP wird das Musicals bzw. dessen Inhalt wie folgt beschrieben:

"Shaw schrieb diese Komödie im Jahre 1894 als eine Demaskierung falschen soldatischen Heldentums. Bluntschli, der schweizerische "Pralinésoldat", der sein Leben höher schätzt als alle postumen Ehren und Orden, rettet sich auf der Flucht aus der serbischen Armee ausgerechnet in das Haus seines bulgarischen "Feindes", Major Petkoff, genauer gesagt, in das Schlafzimmer von dessen lieblicher Tochter Raina. Besagte Raina ist anverlobt dem Bulgaren Sergius, den man als unvergleichlichen Helden feiert, weil er einen idiotischen Reitereinsatz gegen eine Schnellfeuerbatterie idiotischerweise gewonnen hat: das Geschütz war versehentlich blind geladen. Aus dieser Ausgangssituation ergeben sich die vertracktesten Verwicklungen: Raina liebt mehr und mehr den "Feind" und hält ihn unter abenteuerlichen Eskapaden versteckt vor Familie und Personal; der heimgekehrte "Held" Sergius fühlt sich von seiner Braut unter Wert behandelt und erliegt den sorgsam disponierten Reizen der karrierebedachten Kammerzofe Louka; die Majorin, höchst ungern auf einem provinziellen Landsitz versauernd, gedenkt wieder des Glanzes der Hauptstadt Wien; und der Major, mit geistigen Gütern nicht eben gesegnet, knackt die strategische Nuß "Wie bringe ich 3 Regimenter nach Philippopolis" nur mit brüderlicher Hilfe des Pralinésoldaten Bluntschli."

 

Musikalische Folge

1. Akt:

* Daheim
* Ein Mann ist nur ein Mann, wenn er Soldat ist
* Helden, Helden
* Das Bett
* Wie nennt man das Gefühl
* Der Weg nach oben
* Kanonen-Lied
* Slibowitz
* Tanz der Männer

 

2. Akt:

* Tanz der Mädchen
* Wien, nur du
* Der Dank des Vaterlandes
* Wenn rot der Mohn erblüht
* Drei Regimenter nach Philippopolis
* Raina
* Wenn die oben etwas dümmer wären
* Wenn ich die Zarin von Rußland wär'
* Finale